Donnerstag, 16. Mai 2024 von Christoph Prüm

Über die Schwierigkeit der Zusammenarbeit mit einer politischen Partei

Diskussion

Ein Politiker wie Armand Zorn (rechts im Bild), der neben seinem täglichen Pensum als Bundestagsabgeordneter um die Entwicklung neuer Ideen und Strukturen in unserem Zusammenleben bemüht ist, hat unseren ungeteilten Respekt. Dass er gleichzeitig seine Wähler und auch seine Partei nicht überfordern darf, ist logisch. Verprellt er diese, dann kann er all das Richtige, das er plant, nicht mehr tun. Die Freiheit, die wir als private Stiftung haben, uns ohne Rücksichten auf andere Meinungen und Befindlichkeiten an eine Sache heranzudenken und auch praktisch heranzutasten, die kann er nicht haben.  Das ist verstanden und auch zugestanden.

Was bedeutet das aber in Zukunft für uns und das Grunderbeprojekt? Wir müssen bei der Planung und Gestaltung von Veranstaltungen mit anderen Organisationen darauf achten, dass unsere Positionen nicht untergehen. Das war hier nicht ganz der Fall. Es geht vor allem um zwei Punkte, die nicht in gebührendem Maße zur Geltung kamen. Hätten wir die stärker vertreten, hätten wir auf dieser Veranstaltung leicht eine Front gegen Herrn Zorn aufgebaut, was ihm nicht gerecht würde und der Sache des Grunderbes zu diesem Zeitpunkt sicher nicht dienlich wäre. Ich will diese zwei Punkte hier kurz anreißen:

Der (SPD)-Aussage von Herrn Zorn, dass ein Mensch nicht wirklich zu recht 100 Millionen € verdienen kann, schließen wir uns nicht an. Wir halten das nicht für unmöglich, dass jemand rechtmäßig, d.h. auch mit Anstand 100 Millionen € verdienen kann in seinem Leben. Dieser Mensch muss nicht zwingend ein schlechter und unsozialer Mensch sein. Solange dieser Mensch sich an geltendes Recht gehalten, und seine Steuern gezahlt hat, ist sein Eigentum an dem Ergebnis, auch verbal, zu akzeptieren. So viel Respekt ihm gegenüber und auch gegenüber dem geltenden Recht, muss sein. Dem pauschalen unterschwelligen Vorwurf: Wer so viel Geld verdient hat, der muss ja betrogen haben, schließen wir uns auch nicht an. Ob die Besteuerung von Einkünften in dieser Republik, die zu einem Eigentum von 100 Millionen führen können, angemessen ist oder nicht, können wir nicht wirklich beurteilen und ist nicht unser Thema. Der Reichtum von einzelnen Menschen an sich ist jedenfalls NICHT unsere Begründung für ein Grunderbe, und wird es auch nicht werden. Das Grunderbe, wie wir es verstehen, ist nicht ein steuerlicher Nachschlag gegenüber wirtschaftlich besonders erfolgreichen Mitbürgern, kein Nachkarten. Das klarzustellen, darauf werden wir in Zukunft viel mehr Wert legen müssen wenn die Idee eines Grunderbes nicht in einer politisch eher linken Blase untergehen soll. Der Vorschlag eines Grunderbes, den wir untersuchen, resultiert ganz allein aus der einen Frage: Kann es gerecht sein, dass diese 100 Millionen des Beispiels, an einen oder eine Handvoll Nachkommen weitergegeben werden, die dafür definitiv keine Leistung erbracht haben? Dies, während mindestens die Hälfte von deren gleichwertigen Mitbürgern bei der Übertragung zwischen den Generationen völlig leer ausgeht? Sie müssen sich ein auch nur halbwegs vergleichbares Eigentum erst selbst erarbeiten, was allein schon wegen der Menge der Menschen rein rechnerisch in einem begrenzten Markt gar nicht möglich ist..

Der zweite Punkt, bei dem ich es bewusst vermieden habe in der Veranstaltung eine Front aufzubauen, bezieht sich auch auf eben diese Gleichwertigkeit aller Menschen. Was bedeutet das für unsere Familienstrukturen, wenn wir anfangen würden, diese Gleichwertigkeit, die wir in der Politik andauernd beschwören, auch beim privaten Vererben und Erben ernst zu nehmen? Ich hatte die provozierende Frage gestellt, ob die Überbewertung der genetischen Verwandtschaft, wie sie in der üblichen Praxis des Vererbens, wie ja auch im Familienerbrecht überhaupt, zum Ausdruck kommt, letztendlich nicht auch der Keim des Faschismus ist. Der beruht im Kern ja auch auf nichts Anderem als auf einer Überbewertung der genetischen Verwandtschaft. Verbunden mit einer Selbstüberschätzung, die sich dann über die Theorie der Gene bis auf die Rasse ausweitet.

Herr Zorn, etwas erschrocken von meinem Beitrag so schien mir, beeilte sich Wogen zu glätten, bevor welche richtig aufkommen konnten. Er hat, wie anfangs schon dargelegt, nicht die Freiheit seine Wähler groß zu provozieren. Wir haben diese Freiheit schon. Ich halte diese Provokation auch für notwendig. Auf den Infoveranstaltungen in den vorangegangen Städten Aachen und Wuppertal ergaben sich darauf hin sehr fruchtbare Diskussionen - zugegeben, nur mit denen, die nicht den Saal verlassen hatten :-). Aber genau diese Diskussion über den Wert der genetischen Verwandtschaft, und wann und wie aus einem absolut schützens- und förderungswürdigen Familiengebilde ein sozialschädlicher Clan und Schlimmeres werden kann, genau die Diskussion werden wir als Gesellschaft führen müssen.

Alles in allem sind wir sehr dankbar für diese Veranstaltung mit Herrn Zorn und der Frankfurter SPD. Aus dieser Erfahrung heraus können wir unsere eigene Zielrichtung nochmals klarer erkennen und unseren Weg nachjustieren. Unsere Aufgabe muss jetzt sein, das Grunderbe nüchtern und möglichst frei von ideologiegefärbter Politik darzustellen. Die große Herausforderung der nächsten Jahre wird sein, ein Grunderbe auch für liberale und konservative Kräfte denkbar und erstrebenswert zu machen.

Kommentare

Eric Manneschmidt schrieb am 17.05.2024 um 23:16 Uhr:

Es bleibt hier zu ergänzen: Herr Zorn plädierte für ein Grunderbe schon mit 18 Jahren. Das ist natürlich um Längen sinnvoller als erst mit 30, wenn die entscheidenden Weichenstellungen (v.a. was die (Aus-)Bildung betrifft) schon lange geschehen sind und bei Leuten ohne finanzielle Sicherheit "das Kind schon in den Brunnen gefallen ist". Trotzdem bleibt die Forderung meinerseits bestehen: Soziale Sicherheit ab Geburt! Auch Herr Zorns Grunderbe käme für viele Menschen zu spät.

Zweitens: Ihre Faschismustheorie ist ein bisschen arg wirr. Sie können heute durchaus auch an adoptierte Kinder vererben und die verlieren dafür unter Umständen das Erbe ihrer leiblichen Eltern. Vererben hat mithin nicht zwingend irgendwas mit den Genen zu tun. Trotzdem sind die Überlegungen von René Talbot hier interessant, dass grundsätzlich alle Kinder adoptiert werden müssen, ggf. von den biologischen Eltern:  --- Link entfernt ----  (von seinen übrigen Ansichten distanziere ich mich allerdings hiermit entschieden)

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