Dienstag, 30. Mai 2017 von Christoph Prüm

Farbe bekennen

Oberfranken

Die Bayern haben zuweilen üble Sprüche auf Lager, wenn sie von den Menschen in ihrem nord-östlichsten Regierungsbezirk sprechen. Oberfranken, und besonders seine Gebiete nördlich des Mains, waren zur Zeit des Eisernen Vorhangs ein Randgebiet Westdeutschlands. Das geistige und wirtschaftliche Leben der Republik spielte sich im Wesentlichen woanders ab. Davon hat sich die Gegend noch nicht erholt.  Junge Menschen die aufgeschlossen sind wandern gerne ab.

Kann also eine Idee wie das Grunderbe, die das Potential hat die Welt nachhaltig zu ändern, überhaupt in dieser Provinz gedeihen? Wo, wie es scheint, jeder vernüftige Mensch abhaut der es irgendwie schafft? In einem Ort in dem jede Gemeinderatssitzung fatal an Schilda erinnert?

Wir wissen es nicht genau ob die Idee sich letztendlich hier entwickeln kann, aber muss nicht jeder dort anfangen wo er ist? Mit den Mitteln die er hat? Und sollte das Heilmittel nicht dort entwickelt werden wo die Krankheit deutlich ist? Zusammen mit denen für die es gedacht ist?

Wir trösten uns: Wenn die Erde tatsächlich rund ist, dann hat ihre Oberfläche kein wirkliches Zentrum. Für die Erde sind alle Orte gleichweit von ihrem Mittelpunkt entfernt. So gibt es für sie auch kein Hinterland und kein Vorderland und auch keine abgelegenen Gegenden. Es ist der Geist und das Bewußtsein, die jeweils das Zentrum der Welt bestimmen. Es liegt also an uns.

 

Neuer Wein in alte Schläuche?

Das Haus der Stiftung liegt etwa 20 Fahrkilometer westlich der A9. Es gehört zu einem Ensemble von drei Gebäuden die bis in die 60iger Jahre eine kleine Weberei beherbergten. Leider hat der letzte Erbe dieser Gebäude nichts unterlassen, die an sich schon schmuckarmen Gebäude zu ruinieren. Wie es in Oberfranken aber auch sonstwo in den 60igern und 70igern des letzten Jahrhunderts üblich war, wurde - durchaus mit erheblichem finanziellem Aufwand - den alten Gebäuden ihr letzter Charme genommen. Verfault im Keller fanden wir die ehemalige Eingangstüre, eine saubere Schreinerarbeit mit hohem Bogen und buntem Glas. Ersetzt wurde sie durch eine eckige, scharfkantige Aluminiumtüre nachdem man den Bogen entsprechend zugemauert hatte. Fenster wurden durch Glasbausteine ersetzt, und Aussenmauern und Dach teilweise mit damals fortschrittlichen und "modernen" Asbestschindeln versehen. Gleichzeitig ließ der Erbe (der tatsächlich lebenslang auch nichts anderes als Erbe war) die Dächer der Nebengebäude so vergammeln, dass schon erhebliche Wasserschäden im Gebäude zu verzeichnen waren. Manchmal bringt Erben eben kein Glück, weder dem Erbe noch dem Erben.


Farbe bekennen

Hier in diesem Ort, der seit der Jahrtausendwende 20% seiner Einwohner verloren hat, mit der Stiftung neues Gedankengut gewissermaßen materiell zu installieren ist an sich schon eine Herausforderung. Dies mit heruntergekommenen Gebäuden und beschränkten Mitteln zu starten um so mehr. Es hat schon einige Jahre gebraucht bis wir uns trauten den Namen der Stiftung an die Hauswand zu schreiben. Es wird noch einige Jahre brauchen bis ein Zustand der Gebäude erreicht ist, mit dem man zufrieden sein kann. Dabei geht es sicher nicht darum aus alten Gebäuden neue zu machen. Wir sind genug gereist, um auch die Lebensbedingungen anderer Völker zu kennen. Luxus mit Maß reicht.

Impressionen vom Haus